Wenn Gratis-Spiele doch Geld kosten

Abzocke fängt meist ganz harmlos an. Mit einem Gratisspielchen in Netz zum Beispiel. Wer das Spiel dann weiter spielen will, braucht plötzlich dringend Zubehör. Und das kostet...
Kevin wollte im Internet nur eines, "ein Meister der Kampfkunst werden und das Land vor dem dunklen Einfluss der Metinsteine schützen". Dafür brauchte der 14-Jährige aus Dormagen wichtige Utensilien wie etwa einen "Tapferkeitsumhang" und eine "dritte Hand", beides zu kaufen mit so genannten "Drachenmünzen". Die Münzen beschaffte sich der Schüler allerdings nicht im "kostenlosen" Fantasy-Spiel Metin2, sondern im wirklichen Leben: per SMS und Anruf über eine 0900-Nummer. 50 Drachenmünzen gibt's über diese Wege beispielsweise für 4,99 Euro. 154,75 Euro will der Betreiber von Metin2 jetzt von Kevins Eltern kassieren.

Premiumversion gegen Bares
Viele Browsergames im Internet beginnen "vollkommen kostenlos". Um jedoch im Spiel schneller voran zu kommen oder für den besonderen Kick, braucht es eine Sonderausstattung, eine Premiumversion - und die ist gegen reales Geld erhältlich. Millionen Mitspieler, überwiegend Kinder und Jugendliche, werden permanent zum Kauf von magischen Hufeisen oder von leistungsförderndem Futter für Tiere animiert. Das Bezahlen ist kinderleicht: Meist reicht ein Anruf oder eine SMS.

Riecher für gute Geschäfte?
Das Geld landet beispielsweise bei der Firma Bigpoint, die mit diversen Browsergames auf ihre Seite lockt. Mehr als 85 Millionen Nutzer daddeln nach Firmenangabe Renner wie "Dark Orbit" (Weltraum) und "Seafight" (Piraten). Und das Geschäft mit den Ungeduldigen brummt. In diesem Jahr will Bigpoint den Umsatz im dreistelligen Millionenbereich sehen. Anrufer an der 1,99- Euro/Minute-Hotline werden übrigens mit dem Satz empfangen: "Du hast den richtigen Riecher für gute Geschäfte."

Kuscheln mit virtuellen Hunden

Screenshot der Startseite von wauies.deMädchen fallen dabei gerne auf Rollenspiele "mit Kuschelfaktor" herein. Zum Beispiel auf "Wauies", ein Spiel mit Hundewelpen, die man laut Werbung "fast wie echte Hunde großziehen und natürlich auch streicheln" kann. Wer sich nicht ständig um seinen Schützling kümmert, dem droht der süße Liebling gar zu sterben.

Pferdepässe für zwei Euro das Stück
Auch als Pferdezüchter können sich Spieler versuchen und sogar Promis wie Springreiter Ludger Beerbaum machen Werbung für solche Spiele wie "Howrse". Wenn das Pixel-Pony in Gefahr gerät, spielen sich wahre Dramen ab. Sie habe kein Spielgeld mehr, sie habe bereits ihren gesamten Besitz verkauft, dennoch könne ihre Stute nicht abfohlen, beklagt Mitspielerin "Mandy" in einem Internetforum ihre Not. Wer sein Pferd wiederbeleben will, der braucht dafür so genannte Pferdepässe. Einzelne Pässe kosten zwischen 1,20 und zwei Euro. Dabei übersehen viele gern den kleinen Hinweis: "Kaufe keine Pässe ohne Erlaubnis Deiner Eltern". Schon drei braucht es, um die Trächtigkeit einer Stute zu beschleunigen. Posten, die später auf diversen Rechnungen auftauchen. Manchmal müssen Spieler sogar neue Spieler werben, um weiter zu kommen.

Vierstellige Summe für ein Gratispiel
Über Kosten erfahren Spieler vor dem Spiel meist nur etwas, wenn sie sich durch das Kleingedruckte arbeiten. Wer's liest, erfährt zum Beispiel auch, dass Eltern finanziell für die Bestellungen ihrer Kinder verantwortlich sind. Es gibt minderjährige Spieler, die haben bereits vierstellige Rechnungen durch solche "Gratis-Spiele" verursacht. Wenn sich Eltern gegen die Forderungen zur Wehr setzen, ist das ein Kampf mit ungewissem Ausgang. "Die Amtsgerichte urteilen bislang uneinheitlich", so Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale NRW.

Die Verbraucherschützer bemägeln, dass die Spieleanbieter auf ihren Seiten oft nicht deutlich machen, dass bestimmte Spielzüge eben doch etwas kosten. Also Vorsicht bei solchen Spielen, denn auch kleine Beträge können sich schnell summieren und ist der Spieltrieb einmal ausgebrochen, merkt man oft gar nicht, welch hohe Rechnungen da gerade verzapft werden.